OTS: Jones Lang LaSalle SE (JLL) / Abkühlung erreicht nun auch den deutschen ...

dpa-AFX · Uhr
    Abkühlung erreicht nun auch den deutschen Bürovermietungsmarkt /
Flächenumsatz liegt zum Halbjahr 2023 um 40 Prozent unter
Vorjahresniveau
Frankfurt (ots) - Die anhaltende Erhöhung der Zinsen durch die Zentralbanken
entfaltet ihre Wirkung: Die Inflation sinkt - und sie schwächt zugleich die
Nachfrage. Während der Rückgang der Inflation ein gutes Signal ist, verstärken
sich aktuell vermehrt die Effekte einer nachlassenden konjunkturellen Dynamik,
hat das Immobilienberatungsunternehmen JLL analysiert. Und das umso mehr, weil
ein Teil der Zinserhöhungen noch gar nicht vollumfänglich seine Wirkung im
Wirtschaftskreislauf entfaltet hat.

Vor diesem Hintergrund hat sich die Marktstimmung am Bürovermietungsmarkt im
zweiten Quartal abgeschwächt. Insgesamt erzielt der Markt einen Halbjahresumsatz
von 1,16 Millionen m², was im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in der Summe der
sieben Immobilienhochburgen einem Rückgang von 40 Prozent entspricht.

Dr. Konstantin Kortmann , Country Leader JLL Germany und Head of Markets, sagt:
"Einer der aktuellen Hauptrisikofaktoren ist der Stress im Bankensektor. Dieser
greift vermehrt auf die Realwirtschaft über und restriktivere Kreditbedingungen
belasten die Wirtschaftstätigkeit voraussichtlich über einen längeren Zeitraum
hinweg. Das führt zu einer weiteren Spreizung des Marktes: Während der
Wettbewerb um Qualität hoch ist, schwächt sich die Nachfrage in B-Lagen ab.
Zugleich werden die Gesuche kleinteiliger und die Unternehmen gehen bei der
Anmietung nicht mehr jeden Preis mit."

Trübe Stimmung in der Gesamtwirtschaft wirkt sich auf Büronachfrage aus

Es bleibt somit ein riskantes Abwägen von Inflationsbekämpfung und sich
abschwächender Konjunktur. Spiegelbild dessen ist die im Juni erneut schlechter
ausgefallene Stimmung bei den Unternehmen. Der ifo-Index ist erneut gesunken und
hat damit das düstere Bild nach dem Rückgang im Mai noch verstärkt. Die
Unterkomponente "Erwartungen" brach den zweiten Monat in Folge deutlich ein.
"Insgesamt wird die deutsche Wirtschaft auf das Jahr gerechnet kaum wachsen. Die
Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung und die Entwicklung
der Zinsen, die maßgeblich die Unternehmensfinanzierung beeinflussen, zeigt auch
ihre Wirkung auf den Immobilienmärkten und lässt Nutzer von Büroimmobilien
vorsichtiger agieren", analysiert Helge Scheunemann , Head of Research JLL
Germany.

Im Gegenzug dazu präsentiert sich der Arbeitsmarkt weiterhin extrem robust. Für
die Notenbanken ist die Stärke der Arbeitsmärkte allerdings insofern Grund zur
Sorge, weil sich daraus eine nachhaltig wirkende Lohn-Preis-Spirale entwickeln
kann. Für Deutschland wurden bereits einige Tarifrunden mit kräftigen
Lohnsteigerungen vereinbart, weitere Entscheidungsrunden stehen noch aus. Für
die Unternehmen bedeuten die Abschlüsse signifikant höhere Lohnkosten, und die
Frage wird sein, ob sie diese Kosten an Kunden weiterreichen werden. "Da die
Gewinnmargen nach wie vor relativ hoch sind, hegt die Europäische Zentralbank
die Erwartung, dass die Unternehmen auf Kosten der Gewinne Preissteigerungen
nicht weiterreichen. Dies wird die Diskussionen über weitere Zinsschritte
bestimmen", sagt Scheunemann .

Büroflächenumsatz sinkt deutlich - Fokus auf Qualität bleibt bestehen

In jeder der sieben Bürohochburgen war die Nachfrage rückläufig, das Minus
reicht dabei von 15 Prozent in Frankfurt bis zu 70 Prozent in Stuttgart. Die
Entscheidungsprozesse für einen potenziellen Umzug dauern nach wie vor sehr
lange, vor allem für mittlere und große Transaktionen. Die Unternehmen sondieren
sehr sorgfältig den Markt und mögliche Optionen, dabei bleibt der Trend zur
Anmietung qualitativ höherwertiger Flächen bestehen. "Besser, aber weniger ist
aktuell die Devise. Denn neben dem erhöhten Qualitätsanspruch verringert sich in
gleicher Weise die Größe der benötigten Bürofläche. Energieeffizienz,
Nachhaltigkeit und Wohlfühlcharakter für die Beschäftigten sind die wesentlichen
Treiber der Nachfrage. Diese Aspekte müssen an einem neuen Standort erfüllt
sein", erklärt Stephan Leimbach , Head of Office Leasing JLL Germany.

Hinzu kommt der nicht abflauende Bedarf an neuen Mitarbeitern. Ein hervorragend
ausgestattetes Büro als kommunikativer Mittelpunkt der Unternehmenskultur ist
dabei ein Baustein im Werben um neue Talente. Aktuell sind rund 820.000 freie
Stellen für Bürobeschäftigte in Deutschland unbesetzt, ein zusätzlicher Bedarf
von bis zu 20 Millionen m². "Ein theoretischer Wert zwar, weil nachverdichtet
wird, nicht alle Arbeitsplätze eins zu eins im Büro entstehen und vorhandene
Leerstände gefüllt werden. Dennoch zeigt die Kalkulation, dass ein signifikanter
Anteil benötigter Fläche übrigbleiben wird", erklärt Helge Scheunemann . "Hier
baut sich ein gewisser Druck bei den Unternehmen auf, auch deshalb bleiben wir
recht optimistisch für das Gesamtjahr und rechnen weiterhin mit einem
Umsatzvolumen von rund 2,8 Millionen m², welches dann um 20 Prozent unter dem
Volumen aus 2022 liegen würde."

Leerstand und Untermietflächen stabil - Neubauvolumen rückläufig

Trotz rückläufigem Umsatzvolumen ist der Leerstand in den sieben Metropolen
nicht weiter angestiegen. Aktuell stehen suchenden Unternehmen rund 5,17
Millionen m² kurzfristig zur Verfügung, was einem Plus gegenüber dem Vorjahr von
knapp 15 Prozent und einer Leerstandsquote von 5,3 Prozent entspricht. "Auch der
Krisenindikator Untermietflächen verharrt zum Ende des zweiten Quartals bei
834.000 m². Das sind aktuell 16 Prozent des Gesamtleerstands", sagt Leimbach .

Die bei der Nachfrage zu beobachtende Ausdifferenzierung des Marktes zeigt sich
auch bei den Leerstandsflächen. Weit mehr als die Hälfte dieses Volumens
entfällt auf nicht mehr zeitgemäße oder nur durchschnittlich ausgestattete
Büros. "Vor diesem Hintergrund und in Verbindung mit dem aktuell niedrigen
Fertigstellungsvolumen sehen wir in Teilbereichen Engpässe und Knappheiten. Neue
Flächen im Sinne von echten Neubauten, aber mehr noch von im Bestand
aufgewerteten Flächen sind weiterhin notwendig", warnt Leimbach .

Doch gerade in der Baubranche halte sich, laut Scheunemann, eine massiv
verschlechterte Stimmung. Neben den weiterhin hohen, wenn auch etwas
nachlassenden Kosten dringt immer mehr der Aspekt der herausfordernden
Projektfinanzierung und der sinkenden Auftragslage durch. Immerhin: Bei den
Baukosten scheint der Höhepunkt der Steigerung erreicht zu sein, dennoch
verharren sie auf einem extrem hohen Niveau. Die Konsequenzen daraus sind
gestoppte Projekte. Das gilt auch für den gewerblichen Bereich, zu sehen an der
Projektpipeline, die derzeit jedes Quartal nach unten korrigiert wird. In Summe
wurden im ersten Halbjahr 2023 knapp 660.000 m² Bürofläche fertiggestellt, ein
Rückgang von 31 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2022.

Im laufenden Jahr werden voraussichtlich 1,5 Millionen m² Bürofläche
fertiggestellt

"Für das zweite Halbjahr 2023 rechnen wir aktuell mit einem
Fertigstellungsvolumen von 825.000 m², sodass für das Gesamtjahr dann knapp 1,5
Millionen m² in der Fertigstellungsstatistik stehen werden. Dies läge dann um
rund 300.000 m² unter dem Niveau aus 2022", erläutert Scheunemann . Deutlich
nach oben gehen dürfte es 2024: Für das kommende Jahr befinden sich bereits
knapp zwei Millionen m² im Bau, ein Teil davon sind Überhänge aus diesem Jahr,
deren Fertigstellung sich entsprechend verzögert hat. Dieser Anstieg gegenüber
2023 muss aber insofern relativiert werden, weil mit mehr als 800.000 m² allein
über 40 Prozent auf Berlin entfallen. Und mehr als die Hälfte dieser Flächen
sind bereits vermietet oder für Eigennutzer vorgesehen.

"Sollte sich der Nachfragetrend für top ausgestattete Flächen in Verbindung mit
steigenden Mieten weiter fortsetzen, wovon wir ausgehen, wird
Vorvermietungsquote für projektierte Flächen zunehmen. Und umgekehrt gehen
ursprünglich spekulativ geplante Projekte nur dann in den Bau, sofern
Vorvermietungen getätigt werden", sagt Scheunemann .

Spitzenmieten steigen weiter - Mietanreize nehmen leicht zu

Der sich stabilisierende oder nur leicht ansteigende Leerstand erzeugt auf der
Angebotsseite keinen Druck auf die Mietpreise. Im Gegenteil: Die aktuell
rückläufigen Fertigstellungszahlen lassen die Spitzenmieten weiter steigen - zum
Teil sogar deutlich. Der JLL-Spitzenmietpreisindex zeigt zum Ende des zweiten
Quartals einen Wert von 268,9. Er liegt damit um knapp 14 Prozent über dem
Vorjahreswert.

"In allen Städten beobachten wir im Jahresvergleich Mietpreissteigerungen, diese
liegen zwischen fünf Prozent in Berlin und fast 27 Prozent in Düsseldorf. Und
auch in den vergangenen Monaten konnten immer mal wieder "Ausnahme-Abschlüsse"
jenseits der ausgewiesenen Spitzenmiete abgeschlossen werden", analysiert
Scheunemann . Die 50-Euro-Marke wurde dabei in Berlin, Frankfurt und München
überschritten. Gleichwohl gilt es, die von Vermietern gewährten Mietzuschüsse in
die Betrachtung einzubeziehen. Für diese sieht JLL einen leichten Anstieg oder
erwartet einen solchen im weiteren Jahresverlauf. Bei einem
Fünfjahresmietvertrag rechnet Scheunemann damit, dass sich die Mieteranreize -
umgerechnet in mietfreie Zeiten - zwischen fünf und 15 Prozent einpendeln
werden.

Pressekontakt:

Peter Lausmann, Team Leader Corporate Communications JLL Germany,
Tel. 069 2003 1366, mailto:peter.lausmann@jll.com

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/62984/5550841
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