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dpa-AFX · Uhr
    Trendwende auf dem deutschen Investmentmarkt lässt auf sich warten /
Transaktionsvolumen bleibt auch zum Halbjahr mit 15 Milliarden Euro
extrem niedrig
Frankfurt (ots) - An der grundlegenden Zurückhaltung der Investoren beim Kauf
und Verkauf von Immobilien hat sich auch im zweiten Quartal 2023 nichts
geändert: Die aktuell in der Statistik stehenden 14,9 Milliarden Euro für das
erste Halbjahr entsprechen in etwa dem Volumen aus 2012 und im langjährigen
Schnitt liegt der aktuelle Wert sogar um 53 Prozent darunter, so der das
internationale Immobilienberatungsunternehmen JLL. Gegenüber dem Vorjahr ergibt
sich ein Minus von 59 Prozent. Was nach wie vor fehlt, sind größere
Transaktionen - insbesondere im Bürosektor und bei Portfolios.

Vor diesem Hintergrund muss die Frage, ob der Investmentmarkt wieder
vollumfänglich funktioniert, mit einem klaren Nein beantwortet werden.
Spiegelbild dessen ist ein Transaktionsvolumen, welches in den Monaten April bis
Juni mit 7,1 Milliarden Euro sogar noch unter dem Wert der ersten drei Monate
dieses Jahres von 7,8 Milliarden Euro lag. Keimte zu Beginn des Jahres noch die
Hoffnung auf eine deutliche Belebung in der zweiten Jahreshälfte, muss nun
nüchtern festgestellt werden, dass sich eine solche wohl erst im nächsten Jahr
zeigen wird.

Dr. Konstantin Kortmann , Country Leader JLL Germany: "Das rapide Zinswachstum
und Banken, die bei der Kreditvergabe zurückhaltend agieren, haben den
generellen Ask-Bid-Gap bislang kaum verringert. Allerdings sehen wir, dass der
Kapitaldruck auf der Verkäuferseite aufgrund der hohen Betriebs- und
Refinanzierungskosten stetig steigt. Auf der anderen Seite sind sich viele
Käufer in ihren Planungen mittlerweile sicher und nicht bereit, zum weiterhin
vielerorts alten Preisniveau einzukaufen."

Die jüngsten Ankündigungen der Europäischen Zentralbank, ihren Zinserhöhungskurs
- wenn auch abgeschwächt - fortzusetzen, bilden nach wie vor die wesentliche
Grundlage für den Blick aufs kommende Jahr. Denn damit verbunden ist eine nach
wie vor schwierige Preisfindung und eine Verunsicherung über die weitere
Entwicklung der Immobilienrenditen und ihrem als adäquat anzusehenden Abstand zu
der (nominalen) Verzinsung von langlaufenden Staatsanleihen. Mit jeder neuen
Zinserhöhung steigt der Druck auf die Renditen, weil alternative Anlage an
Attraktivität gewinnen. Gleichzeitig steigen in einem solchen Szenario auch die
Immobilienquoten institutioneller Investoren, auch wenn diese gar keine neuen
Immobilien in ihr Portfolio aufgenommen haben. "Dies ist auch einer der
wesentlichen Unterschiede zur Finanzkrise 2008/2009, als die Immobilienquoten
niedrig waren und es entsprechenden Investitionsspielraum gab, was zu einer
relativ schnellen Erholung der Investmentmärkte geführt hat", analysiert Helge
Scheunemann , Head of Research JLL Germany.

Andererseits gibt es auch einen weiteren Unterschied zur Finanzkrise, der
hoffnungsvoll stimmt: "Während damals vor allem als sicher empfundene
Core-Produkte nachgefragt wurden, weil auch die Vermietungsmärkte stark
schwächelten, liegt der Fokus der Investoren aktuell eher auf
Valueadd-Immobilien, also solche Produkte, bei denen Abstriche in Bezug auf
ESG-Kriterien oder der Restlaufzeiten der Mietverträge gemacht werden müssen.
Investoren, die über entsprechende Expertise und Kapazitäten verfügen, sehen
hier eine Möglichkeit, Wertsteigerungen zu generieren." Es geht also darum,
detailliert die Optionen zu prüfen, entsprechend lange dauern dann auch die
Transaktionsprozesse, bis schließlich ein Abschluss zustande kommt.

Prognose für Gesamtjahr liegt bei 40 Milliarden Euro - leichte Belebung bis
Jahresende erwartet

Vordergründig bleibt also Abwarten auch zum Ende des ersten Halbjahrs das Gebot
der Stunde. Dennoch bietet der Markt auch jetzt Investitionsmöglichkeiten,
insbesondere für eigenkapitalstarke Käufer. "Und in den Sektoren, in denen sich
das Repricing bereits deutlicher manifestiert hat, wie zum Beispiel im
Einzelhandelssektor, oder bei denen strukturelle Indikatoren für eine hohe
Nachfrage sorgen wie Logistik und Wohnen, rechnen wir mit einer leichten
Belebung des Marktgeschehens in den nächsten Monaten", sagt Scheunemann . Die
Verkaufsbereitschaft werde aus den genannten Gründen wieder steigen. "Unsere
Prognose für das Transaktionsvolumen 2023 setzen wir nun bei 40 Milliarden Euro
an. Das entspräche in etwa dem Ergebnis des Jahres 2012 und läge um rund 47
Prozent unter dem Zehnjahresschnitt", prognostiziert Helge Scheunemann .

Für Büroimmobilien herrscht - neben der Suche nach dem richtigen Preis -
weiterhin große Unsicherheit über die Zukunft dieser Assetklasse. Nachrichten
aus den USA über steigende Leerstände und einer nur sehr schleppenden Rückkehr
der Beschäftigten in die Büros der Metropolen tragen zwar nicht zur Beruhigung
bei. Doch die USA sind nicht Deutschland und die Unterschiede müssen erklärt
werden, um die Skepsis mancher internationaler Investoren auszuräumen. Jan
Eckert , Head of Capital Markets JLL DACH: "Die Situation der US-Büromärkte ist
absolut nicht vergleichbar mit Europa und auch nicht mit Deutschland. Trotzdem
findet auch bei uns eine Auslese im Büromarkt statt. Wir gehen aber davon aus,
dass das Bürosegment auch in Zukunft eines der wichtigsten Segmente im
Immobilieninvestmentmarkt bleiben wird."

Aufgrund der strengen Investitionskriterien und der zumeist inbegriffenen
Heterogenität der Immobilien stehen auch Portfolios aktuell in der Gunst der
Investoren nicht ganz oben. Lediglich 5,1 Milliarden Euro entfallen auf solche
Paketverkäufe und das, obwohl sieben der zehn größten Transaktionen des Jahres
auf Portfolios entfallen. Das Minus gegenüber dem Vorjahr fällt denn auch mit 68
Prozent noch etwas stärker ins Gewicht als für Einzeltransaktionen (minus 51
Prozent). "Das Gros der Investoren fokussiert sich im Moment eher auf
kleinvolumige Transaktionen zwischen 40 Millionen und 80 Millionen Euro, die
einfacher zu finanzieren sind. In diesem Segment sind dann allerdings vor allem
eigenkapitalstarke Investoren aktiv", beobachtet Eckert . Entsprechend gering
fällt der Anteil der Großdeals aus: Im ersten Halbjahr wurden nur 20 Abschlüsse
jenseits der 100-Millionen-Euro-Grenze gezählt; im Vorjahreszeitraum waren es
noch 69.

Bei den Assetklassen zeigt sich im Vergleich zum ersten Quartal 2023 keine
Veränderung. Der Living-Sektor, zu dem unter anderem Wohn- und Pflegeimmobilien
gehören, bleibt mit 5,02 Milliarden Euro nach wie vor führend. Der Anteil liegt
zum Halbjahr bei rund 34 Prozent, hat damit seinen Abstand gegenüber den anderen
Sektoren weiter ausgebaut und wird in erster Linie getragen durch den
Teilverkauf eines Wohnungsportfolios von Vonovia an Apollo (Südewo-Portfolio)
für rund eine Milliarde Euro. Büroimmobilien kommen auf insgesamt 3,07
Milliarden Euro. Damit entfällt bislang nur jeder fünfte investierte Euro auf
Büros. Immerhin: Neben dem Living-Bereich konnten in den Sektoren Logistik,
Hotels und Mischnutzung leichte Transaktionszugewinne gegenüber dem ersten
Quartal des Jahres verbucht werden.

Transaktionsvolumen der sieben Metropolen weiter schwach - nur Stuttgart im Plus

Gerade Büroimmobilien wurden in der Vergangenheit überwiegend in einer der
großen Metropolen gehandelt. Entsprechend der aktuellen Zurückhaltung auf
Käufer- und Verkäuferseite leidet auch das Transaktionsgeschehen in den sieben
Immobilienhochburgen . Nur sieben Milliarden Euro konnten registriert werden,
ein Minus von 62 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch hier heißt es "Back to
2012" - denn das war das letzte Jahr, in dem es noch weniger waren.

Besonders betroffen ist nach wie vor Frankfurt. Hier hat sich das Vorjahresminus
von 84 Prozent gegenüber dem vergangenen Quartal kaum verringert. Kaum besser
erging es Hamburg, hier wurden mit rund 740 Millionen Euro zwar gut 100
Millionen mehr verkauft als in der Bankenmetropole, aber das Minus liegt mit 80
Prozent auf ähnlichem Niveau. Und doch gibt es einen Lichtblick: In Stuttgart
konnten Immobilien im Volumen von 810 Millionen Euro veräußert werden. Das
bringt der baden-württembergischen Landeshauptstadt nicht nur Platz drei im
aktuellen Ranking hinter Berlin (2,8 Milliarden Euro) und München (eine
Milliarde Euro), sondern ebenso ein recht bemerkenswertes Plus von 19 Prozent
gegenüber dem Vorjahr, das in erster Linie durch Wohnimmobilien aus dem
Südewo-Portfolio getragen wird.

Renditeanstieg geht weiter - Risikospread steigt bei Immobilien weiter an

Zwar ist es nach wie vor schwierig, die weitere Zinsentwicklung einzuschätzen,
dennoch bleibt festzuhalten, dass die Volatilität deutlich nachgelassen hat.
Sowohl die Finanzierungszinsen (fünfjährige Swap-Rates) haben sich in den
vergangenen Monaten im Korridor zwischen 3,0 und 3,2 Prozent stabilisiert als
auch die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen, die aktuell bei 2,4 Prozent
notieren. Der Risikoaufschlag für Immobilien ist damit auf knapp 140 Basispunkte
gestiegen, wenn als Grundlage die aktuelle durchschnittliche Spitzenrendite für
Büros in den sieben Topstandorten herangezogen wird, die im Vergleich zum
Vorquartal um 25 Basispunkte auf jetzt 3,78 Prozent gestiegen ist.

In Relation zu den Finanzierungszinsen inklusive der Bankmargen bleibt nach wie
vor eine Lücke von etwas mehr als 90 Basispunkten, ein positiver Hebeleffekt
lässt sich somit noch nicht wieder darstellen. Das gilt für alle Assetklassen,
deren Renditen unter vier Prozent liegen. Für Einzelhandelsimmobilien liegen die
Spitzenrenditen in Teilbereichen jedoch wieder zum Teil deutlich über den
Finanzierungskonditionen. So notieren die Renditen für Fachmarktzentren bei 4,4
Prozent, für Shoppingcenter weiterhin bei fünf Prozent und für einzelne
Fachmärkte werden aktuell sogar 5,5 Prozent gezahlt. Auch im Logistiksegment hat
sich der Renditeanstieg gemäßigt fortgesetzt, hier ist ein Plus von zehn
Basispunkten gegenüber dem ersten Quartal auf nun 4,03 Prozent zu beobachten.
"Die sich stärker akzentuierende inverse Zinsstruktur gibt dennoch Hoffnung,
dass sich die Zinsen früher oder später wieder dem Renditeniveau anpassen werden
und nicht umgekehrt", gibt Eckert einen Ausblick.

Bis zum Jahresende rechnet JLL über alle Assetklassen und Sektoren hinweg mit
weiteren Renditeanstiegen. Diese werden sich aller Voraussicht nach zwischen
zehn (Geschäftshäuser und Logistik) und 50 Basispunkten (Büros) bewegen. "Auch
diese Entwicklung unterstützt unsere eingangs gestellte These, dass sich gegen
Ende des Jahres die Transaktionsdynamik etwas beschleunigen sollte", sagt Helge
Scheunemann . Hinzu kommt eine nach wie vor nach oben gerichtete Entwicklung bei
den Mietpreisen. Diese werden die infolge der Renditeanstiege sich
manifestierenden Wertverluste zwar nicht ausgleichen, aber zumindest abmildern.

Pressekontakt:

Peter Lausmann, Team Leader Corporate Communications JLL Germany,
Tel. 069 2003 1366, mailto:peter.lausmann@jll.com

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/62984/5550404
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